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  Politik, Behörden
 
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Tübingen, 29.09. 2003 12:58

Stellungnahme von TERRE DES FEMMES zum Kopftuch-Urteil

Darf eine Lehrerin in Deutschland Kopftuch tragen?

TERRE DES FEMMES hat mit großer Besorgnis das Urteil des Bundesverfasungsgerichts zum Kopftuchstreit zwischen Fereshta Ludin und dem Land Baden-Württemberg zur Kenntnis genommen. "Leider hat das Bundesverfassungsgericht die politische und menschenrechtliche Brisanz des Kopftuchs nicht berücksichtigt", erklärt Christa Stolle, Geschäftsführerin von TERRE DES FEMMES.

So bekunden auch die drei Verfassungsrichter, die gegen die Entscheidung gestimmt haben, ihr Unverständnis über das Urteil. Laut Interpretation wichtiger Kommentatoren des Koran wurzelt das Gebot der Verhüllung der Frau in der Notwendigkeit, "die Frau in ihrer dem Manne dienenden Rolle zu halten", erläutern die Richter in ihrem Sondervotum. Das widerspricht nicht nur dem Neutralitätsgebot des Staates, sondern auch der im Grundgesetz festgeschriebenen Gleichberechtigung von Mann und Frau.

In der Urteilsbegründung geht das Gericht aber fast ausschließlich auf das Spannungsverhältnis zwischen religiöser Neutralität des Staates und persönlicher Glaubensfreiheit jedes Menschen ein. Dabei werden Aspekte außer Acht gelassen, die im Fall Fereshta Ludin eine bedeutende Rolle spielen. Es geht nämlich nicht nur um die religiösen Motive, die Fereshta Ludin in den Vordergrund ihrer eigenen Argumentation gestellt hat, sondern es geht vor allem auch darum, dass das Kopftuch zur Unterdrückung von Frauen instrumentalisiert wird. Solange in Deutschland minderjährige Mädchen mit teilweise subtilen Methoden dazu gebracht werden, ein Kopftuch zu tragen und solange fundamentalistische Gruppierungen hohe Summen an islamische Gemeinden bezahlen, wenn Frauen Kopftücher tragen, halten wir es für unverantwortlich, dass kopftuchtragende Lehrerinnen an Schulen unterrichten.

Andererseits zeigt das Urteil aber auch, dass die bisherige Vermischung von Staat und Religion grundsätzlich zur Disposition stehen sollte. Das Bundesverfassungsgericht gibt die Verantwortung an die Landesparlamente zurück und erklärt ausdrücklich, dass "das Ausmaß der religiösen Bezüge in der Schule neu bestimmt werden kann". TERRE DES FEMMES fordert in diesem Zusammenhang eine strikte und damit eindeutige Trennung von Staat und Religion, wie es beispielsweise in Frankreich der Fall ist. Unbedingt ist eine öffentliche Debatte zu diesem Thema notwendig. Politikerinnen und Politiker müssen endlich Farbe bekennen, nachhaltige Integrationsmaßnahmen fördern und für die Freiheitsrechte von Migrantinnen eintreten, anstatt weiter eine Pseudo-Toleranz zu predigen.


Kontaktinformationen:
Rahel Volz, Referentin für Frauenrechte in islamischen Gesellschaften, islam@frauenrechte.de, Tel. 07071/7973-25
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