Nina Grenningloh
Huntington Beach, Kalifornien, 08.11. 2005 03:55
Aus der Reihe: Kalifornische Kolumnen
Die Welt wartet nicht
Die Amerikaner sind sauer. Sie haben die Schnauze gestrichen voll. Der Kreis der Aufständischen wird Tag um Tag größer. Sie werfen der Regierung vor, einen Krieg zu führen, der ungerechtfertigt ist, der keinen Sinn macht und der schon viel zu lange dauert. Ihnen widerstrebt eine Politik, die mit jedem Tag ein Stückchen fundamentalistischer wird – christlich fundamentalistisch wohl bemerkt. Die Bürger wollen keine Regierung, die Menschen bei leisestem Verdacht einsperrt, ohne ihnen Anwälte zuzugestehen und sie für unbestimmte Zeit ohne rechtliche Grundlage festhält. Journalisten, die ihre Quellen preisgeben müssen, weil sie ansonsten eingebuchtet werden; Homosexuelle, die keine sein dürfen; Frauen, die nicht mehr selbst entscheiden dürfen, ob sie ein Kind austragen wollen. Die fehlgeschlagene Organisation der Hilfsaktionen der Bush Administration in New Orleans nach Katrina hat das Fass unlängst zum Überlaufen gebracht.
Die Menschen in den USA sind stinksauer. Viele Kritiker der US Regierung, darunter auch der Literaturpreisträger Harold Pinter, vergleichen die amerikanische Politik längst mit der eines faschistischen Regimes. Die Bush Administration sei eine der gefährlichsten Mächte, die es je gegeben habe, erklärt Pinter auf der Webseite der US-weiten Aktion mit dem Namen „Die Welt kann nicht warten“ (www.worldcantwait.net). Aufgrund des Ausmaßes seiner Aktivitäten und der Reichweite seiner Absichten weltweit, sei dieses Regime sogar noch gefährlicher als Nazi Deutschland, wird der Schriftsteller auf der Website weiter zitiert.
Wie Pinter äußern immer mehr Personen öffentlich ihren Unmut über Bush und seine menschenfeindliche Politik. Und es bleibt nicht nur bei Worten. Viele US-Amerikaner, darunter insbesondere Jugendliche, wollen nicht länger zusehen, wollen handeln. So gab es am 2. November landesweit die lautesten Demonstrationen gegen das Bush Regime, die die Vereinigten Staaten bisher erlebt hatten. Ob Los Angeles, New York City, Chicago oder San Francisco – allerorten gingen tausende auf die Straßen. Sie hielten Plakate hoch, auf denen stand unter anderem „Bush lügt, tausende sterben“ und „Sirenen für den Frieden“. Sie riefen Parolen wie “Schmeißt das Bush Regime raus“. Allein in Los Angeles verließen tausende von High School Schülern die Klassenräume und protestierten auf die Gefahr hin, einen Verweis vom Schuldirektor zu erhalten, Bußgelder zahlen zu müssen oder gar von der Schule zu fliegen.
„Die Welt kann nicht warten“ – es klingt wie der Titel eines James Bond Filmes, aber es ist die Aktion in den USA, der sich immer mehr Menschen, jung wie alt, verschrieben haben. Auf ihrer Webseite fordern die Aktivisten: „Bush, tritt zurück und nimm dein ganzes Programm gleich mit!“ Sunsara Taylor, Initiatorin der Kampagne, sagte in ihrer Rede bei der jüngsten Konferenz des nationalen Organisationskomitees, dass wir Bush nicht glauben dürften, wenn er sage, Protest nutze nichts. Bürger der US Demokratie dürften sich nicht länger einschüchtern lassen. Taylor mobilisierte ihre Anhänger, zu protestieren, ihre Meinung zu äußern und andere Menschen mitzuziehen, eine große Bewegung daraus zu machen. Es sei wichtig, nicht aufzugeben. Sich loszulösen und sich nicht zu unterwerfen, so lautet das Motto der jungen Aktivistin, die mit ihrer Meinung in den Medien nicht hinterm Berg hält.
Taylors offene Worte sind gefundenes Fressen für ihre Gegner. Genauso wie Cindy Sheehan für ihre Camp-Aktion vor der Bush Ranch diesen Sommer nicht nur Unterstützer gefunden hat, so sehen sich auch Taylor und ihre Anhänger mit Kritik konfrontiert. Doch die tausend Protestierenden am 2. November in den Straßen von Los Angeles und den anderen Städten sprachen Taylors und Sheehans Sprache. Sollte da der Kreis der Kritiker dieser Aktion tatsächlich schrumpfen? Hat die Bewegung „The World Can’t Wait“ eine Chance? Kann es wirklich eine effektive Möglichkeit geben, dem Bush Regime die Tür zu weisen?
“Die Welt kann nicht warten” hat weitere große Demonstrationen im Januar 2006 angekündigt, wenn George Bush seine Rede zur Lage der Nation halten wird. Die Aufständischen wollen weitermachen in ihrer Anstrengung, das Bush Regime aus dem Amt zu jagen und die Gesellschaft zum Positiven, zum Friedlichen, wie sie sagen, zu ändern. Ob sie dabei ihr Ziel erreichen werden, weiß niemand. Die Anhänger der Bewegung verkünden zwar schon mal selbstbewusst: „Die Zukunft ist noch ungeschrieben. Wie sie aussehen wird, hängt von uns ab.“ Doch ob erfolgreich oder nicht, es ist allemal gut zu sehen, dass auf diese Weise Demokratie gelebt wird.
Kontaktinformationen:
www.schwarzaufweiss.org
PR - Journalismus - Übersetzung
Nina Grenningloh
info@schwarzaufweiss.org
Huntington Beach, Kalifornien, 08.11. 2005 03:55
Aus der Reihe: Kalifornische Kolumnen
Die Welt wartet nicht
Die Amerikaner sind sauer. Sie haben die Schnauze gestrichen voll. Der Kreis der Aufständischen wird Tag um Tag größer. Sie werfen der Regierung vor, einen Krieg zu führen, der ungerechtfertigt ist, der keinen Sinn macht und der schon viel zu lange dauert. Ihnen widerstrebt eine Politik, die mit jedem Tag ein Stückchen fundamentalistischer wird – christlich fundamentalistisch wohl bemerkt. Die Bürger wollen keine Regierung, die Menschen bei leisestem Verdacht einsperrt, ohne ihnen Anwälte zuzugestehen und sie für unbestimmte Zeit ohne rechtliche Grundlage festhält. Journalisten, die ihre Quellen preisgeben müssen, weil sie ansonsten eingebuchtet werden; Homosexuelle, die keine sein dürfen; Frauen, die nicht mehr selbst entscheiden dürfen, ob sie ein Kind austragen wollen. Die fehlgeschlagene Organisation der Hilfsaktionen der Bush Administration in New Orleans nach Katrina hat das Fass unlängst zum Überlaufen gebracht.
Die Menschen in den USA sind stinksauer. Viele Kritiker der US Regierung, darunter auch der Literaturpreisträger Harold Pinter, vergleichen die amerikanische Politik längst mit der eines faschistischen Regimes. Die Bush Administration sei eine der gefährlichsten Mächte, die es je gegeben habe, erklärt Pinter auf der Webseite der US-weiten Aktion mit dem Namen „Die Welt kann nicht warten“ (www.worldcantwait.net). Aufgrund des Ausmaßes seiner Aktivitäten und der Reichweite seiner Absichten weltweit, sei dieses Regime sogar noch gefährlicher als Nazi Deutschland, wird der Schriftsteller auf der Website weiter zitiert.
Wie Pinter äußern immer mehr Personen öffentlich ihren Unmut über Bush und seine menschenfeindliche Politik. Und es bleibt nicht nur bei Worten. Viele US-Amerikaner, darunter insbesondere Jugendliche, wollen nicht länger zusehen, wollen handeln. So gab es am 2. November landesweit die lautesten Demonstrationen gegen das Bush Regime, die die Vereinigten Staaten bisher erlebt hatten. Ob Los Angeles, New York City, Chicago oder San Francisco – allerorten gingen tausende auf die Straßen. Sie hielten Plakate hoch, auf denen stand unter anderem „Bush lügt, tausende sterben“ und „Sirenen für den Frieden“. Sie riefen Parolen wie “Schmeißt das Bush Regime raus“. Allein in Los Angeles verließen tausende von High School Schülern die Klassenräume und protestierten auf die Gefahr hin, einen Verweis vom Schuldirektor zu erhalten, Bußgelder zahlen zu müssen oder gar von der Schule zu fliegen.
„Die Welt kann nicht warten“ – es klingt wie der Titel eines James Bond Filmes, aber es ist die Aktion in den USA, der sich immer mehr Menschen, jung wie alt, verschrieben haben. Auf ihrer Webseite fordern die Aktivisten: „Bush, tritt zurück und nimm dein ganzes Programm gleich mit!“ Sunsara Taylor, Initiatorin der Kampagne, sagte in ihrer Rede bei der jüngsten Konferenz des nationalen Organisationskomitees, dass wir Bush nicht glauben dürften, wenn er sage, Protest nutze nichts. Bürger der US Demokratie dürften sich nicht länger einschüchtern lassen. Taylor mobilisierte ihre Anhänger, zu protestieren, ihre Meinung zu äußern und andere Menschen mitzuziehen, eine große Bewegung daraus zu machen. Es sei wichtig, nicht aufzugeben. Sich loszulösen und sich nicht zu unterwerfen, so lautet das Motto der jungen Aktivistin, die mit ihrer Meinung in den Medien nicht hinterm Berg hält.
Taylors offene Worte sind gefundenes Fressen für ihre Gegner. Genauso wie Cindy Sheehan für ihre Camp-Aktion vor der Bush Ranch diesen Sommer nicht nur Unterstützer gefunden hat, so sehen sich auch Taylor und ihre Anhänger mit Kritik konfrontiert. Doch die tausend Protestierenden am 2. November in den Straßen von Los Angeles und den anderen Städten sprachen Taylors und Sheehans Sprache. Sollte da der Kreis der Kritiker dieser Aktion tatsächlich schrumpfen? Hat die Bewegung „The World Can’t Wait“ eine Chance? Kann es wirklich eine effektive Möglichkeit geben, dem Bush Regime die Tür zu weisen?
“Die Welt kann nicht warten” hat weitere große Demonstrationen im Januar 2006 angekündigt, wenn George Bush seine Rede zur Lage der Nation halten wird. Die Aufständischen wollen weitermachen in ihrer Anstrengung, das Bush Regime aus dem Amt zu jagen und die Gesellschaft zum Positiven, zum Friedlichen, wie sie sagen, zu ändern. Ob sie dabei ihr Ziel erreichen werden, weiß niemand. Die Anhänger der Bewegung verkünden zwar schon mal selbstbewusst: „Die Zukunft ist noch ungeschrieben. Wie sie aussehen wird, hängt von uns ab.“ Doch ob erfolgreich oder nicht, es ist allemal gut zu sehen, dass auf diese Weise Demokratie gelebt wird.
Kontaktinformationen:
www.schwarzaufweiss.org
PR - Journalismus - Übersetzung
Nina Grenningloh
info@schwarzaufweiss.org